Cyber-Werkzeuge und Darknet-Marktplätze


Niemand, der sich cyberkriminell betätigen möchte, ist mehr auf sich allein gestellt
Internationaler Expertenblick auf die Crimeware-Industrie: Vier Sophos-Experten aus Deutschland, Ungarn, Kanada und den USA beleuchten die gegnerische Seite



Die Cyberkriminellenszene wandelt sich stetig. Nicht nur die Angriffsmethoden werden cleverer, auch die Cyberkriminellen selbst verändern sich. Michael Veit, Security Evangelist aus Deutschland, Gabor Szappanos, Principal Malware Researcher der SophosLabs in Ungarn, Andrew Brandt, Principal Researcher der SophosLabs, USA, sowie Chester Wisniewski, Principal Research Scientist bei Sophos in Kanada, haben gemeinsam einen Blick auf die Entwicklungen in der Szene geworfen.

Ihre wichtigsten Überzeugungen: Der Trend in der Cykerkriminalität geht zu Zusammenarbeit und Spezialisierung. Es gaunert sich dabei zunehmend professionell, es ist ein lukratives Geschäft und es ist (immer noch) einfach. Es gibt gut betuchte, gut ausgebildete Cyberkriminelle auf der einen, Hacker mit einfachen Schadwarebausätzen aus dem Darknet auf der anderen Seite.

Die Branche setzt dabei stark auf Service was man selbst nicht schafft, kauft man dazu. Dazu gehört auch das Fachwissen um menschliche Schwächen: Die Manipulation von Menschen ist den vier Experten zufolge eine ausgeprägte Angriffsstrategie der Cyberkriminalität. Auch zu deren Ursachen sind sich die IT-Security-Experten einig. In ihren Augen haben neben dem finanziellen Anreiz auch Armut und mangelnde Strafverfolgung einen bedeutenden Anteil am florierenden, illegalen Geschäft mit den Daten.

"Nicht genug, um einen Supersportwagen zu kaufen, aber genug, um auf den Geschmack zu kommen."
"Die Cyberkriminalität ist in den letzten 20 Jahren erheblich gewachsen, hauptsächlich aufgrund der Verfügbarkeit von einfach zu verwendenden Hacker-Tools und wegen unglaublich unsicherer Ziele," sagt Chester Wisniewski, Sophos Kanada. Als die Hersteller von IT Security Software dann anfingen, verwundbare Browser-Plugins zu entfernen und weitere Patches zu automatisieren, begann der Trend, dass einige der unerfahreneren Hacker aus dem Markt gedrängt wurden."

Heute, so ergänzt der deutsche Sicherheitsexperte Michael Veit, "arbeitet die Szene vernetzter und gibt es unterschiedliche Ebenen von Hacker-Expertise und Spezialisten für unterschiedliche Szenarien. Niemand, der sich cyberkriminell betätigen möchte, ist mehr auf sich allein gestellt." Dies ist aus Sicht von Andrew Brandt, Sophos Labs USA, auch ein wichtiger Grund dafür, dass es in naher Zukunft so viele weitere Kriminelle geben wird: "Es ist sehr einfach, jetzt loszulegen und ein bisschen Geld zu verdienen - nicht genug, um einen Supersportwagen zu kaufen, aber definitiv genug, um auf den Geschmack zu kommen."

"Wohlhabende, gut ausgebildete Cyberkriminelle und eine große Menge Fußsoldaten"
"Die große Mehrheit der Internetkriminellen ist dabei opportunistisch.", sagt Gabor Szappanos, SophosLabs Ungarn. "Sie verwendet handelsübliche Werkzeuge und Bausätze aus dem Darknet und ihre Angriffe sind entsprechend raffiniert. Es gibt aber auch High-End-Gruppen, die eigene Angriffswerkzeuge entwickeln."

Andrew Brandt geht davon aus, "dass diese Trennung von Spreu und Weizen sich in Zukunft noch verstärken wird und wir es künftig mit zwei Klassen von Cyberkriminellen zu tun haben werden (ohne nationalstaatlich gesponserte Spionageteams in diese Einschätzung einzubeziehen): Auf der einen Seite die wohlhabenden, gut ausgebildeten Cybercriminals, die Cyber-Werkzeuge und Darknet-Marktplätze bauen und betreiben. Auf der anderen Seite eine riesige Zahl von Fußsoldaten, die technisch auf einem niedrigen Level agieren. Sie führen jene Betrügereien aus, die auf Einzelpersonen abzielen und die einen stetigen Fluss von Bitcoin einbringen."

"Es gibt spezialisierte Anbieter von Informationen über mögliche Angriffsziele."
Die Cyberkriminalität agiert dabei inzwischen wie jede andere Wirtschaft mit einem "zunehmenden Maß an Arbeitsteilung", wie Michael Veit, Sophos Deutschland, konstatiert. "Da gibt es Spezialisten für das Finden von technischen Schwachstellen in Betriebssystemen oder Anwendungssoftware und für das Erstellen von Exploits, mit denen diese Schwachstellen zur Verbreitung von Schadsoftware genutzt werden können. Andere Spezialisten kombinieren diese Exploits dann mit Schadensroutinen, z.B. der Verschlüsselung oder dem Diebstahl von Daten und erstellen daraus eine maßgeschneiderte Malware. Wieder andere stellen für die Fernsteuerung der Malware einen Dienst inklusive Serverinfrastruktur bereit. Soll ein Unternehmen erpresst werden, kommen Spezialisten ins Spiel, die Dienste für die anonyme Zahlungsabwicklung per Kryptowährung anbieten. Schließlich gibt es spezialisierte Anbieter von Informationen über mögliche Angriffsziele, die Informationen über Unternehmen und deren hochrangige Ansprechpartner inklusive Daten wie E-Mail-Adressen, Social-Media-Accounts und Passwörtern aus Datenlecks verkaufen. Und für die Übersetzung der Phishing-E-Mail zur Auslieferung der Schadsoftware in der Landessprache des Angriffsziels gibt es spezialisierte Übersetzungsbüros."

"... Menschen so zu manipulieren, dass sie selbst die Tür öffnen."
"Im Zuge der weiteren Verbesserung unserer allgemeinen Sicherheitslage und der Verwendung von Geräten wie Tablets und Smartphones müssen Kriminelle ihr verbrecherisches Spiel auf Vordermann bringen und sich neben den technischen auch mit den menschlichen Aspekten befassen," erklärt Chester Wisniewski.

Dies, so der Experte, "um zum Beispiel mit Hilfe von Social Hackern zu verstehen, wie man, statt sich durch technische Wege Zugang zu einem Gerät zu verschaffen, Menschen so manipulieren kann, dass sie selbst die Tür öffnen." Bei diesem neuen Verbrechertypus handelt es sich "um Personen oder Gruppen, die kreativ und mit Gespür für menschliche Schwächen Wege finden, Malware in ein Unternehmen einzuschleusen und sich Zugangsdaten zu erschleichen", ist Michael Veit überzeugt: "Verbrecher, die herausfinden, welches die Kronjuwelen des Angriffsziels sind, wie sie diese erbeuten und welchen Ton sie anschlagen müssen, um bei einem erfolgreichen Angriff vom Opfer die maximale Geldsumme zu erpressen. Dazu bedienen sie sich der verfügbaren Dienstleistungen für die einzelnen Phasen des Angriffs und mieten bei Bedarf einen Spezialisten hinzu. Während Cyberkriminelle in der Vergangenheit also meist Hacker waren, sind es zukünftig immer öfter Managertypen, die sich der Angebote einer immer arbeitsteiligeren Crimeware-Industrie bedienen."

"Die oftmals fehlende Strafverfolgung lässt eine Nische entstehen, in der Verbrecher ungestraft operieren könnten."
"Großer Treiber der Cyberkriminalität ist nicht unbedingt nur der finanzielle Anreiz, sondern auch das kulturelle und politische Umfeld, in dem diese Kriminellen leben und operieren.", sagt Andrew Brandt. "Die große Armut in vielen Teilen der Welt, die Menschen dazu verleitet, sich mit zur Not eben auch kriminellen Mitteln und über dubiose Mittler eine vermeintliche Chance auf etwas Wohlstand zu sichern, ist ein Teil der Ursache. Die darüber hinaus oftmals fehlende Strafverfolgung lässt eine Nische entstehen, in der Verbrecher ungestraft operieren können. Nur ein gemeinsames Bemühen um Auslieferung und Verurteilung kann dazu beitragen, das Problem in den Griff zu bekommen." Gabor Szappanos bestätigt: "Internetkriminalität ist ein profitables Geschäft. Solange dies der Fall ist und die Strafverfolgung keine nennenswerten Erfolge bei der Aufdeckung und Festnahme von Cyberkriminellen erzielt, wird es mit der Entwicklung weiter gehen."
(Sophos: ra)

eingetragen: 03.08.19
Newsletterlauf: 20.08.19

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Fachartikel

Grundlagen

Big Data bringt neue Herausforderungen mit sich

Die Digitale Transformation zwingt Unternehmen sich mit Big Data auseinanderzusetzen. Diese oft neue Aufgabe stellt viele IT-Teams hinsichtlich Datenverwaltung, -schutz und -verarbeitung vor große Herausforderungen. Die Nutzung eines Data Vaults mit automatisiertem Datenmanagement kann Unternehmen helfen, diese Herausforderungen auch mit kleinen IT-Teams zu bewältigen. Big Data war bisher eine Teildisziplin der IT, mit der sich tendenziell eher nur Großunternehmen beschäftigen mussten. Für kleinere Unternehmen war die Datenverwaltung trotz wachsender Datenmenge meist noch überschaubar. Doch die Digitale Transformation macht auch vor Unternehmen nicht halt, die das komplizierte Feld Big Data bisher anderen überlassen haben. IoT-Anwendungen lassen die Datenmengen schnell exponentiell anschwellen. Und während IT-Teams die Herausforderung der Speicherung großer Datenmengen meist noch irgendwie in den Griff bekommen, hakt es vielerorts, wenn es darum geht, aus all den Daten Wert zu schöpfen. Auch das Know-how für die Anforderungen neuer Gesetzgebung, wie der DSGVO, ist bei kleineren Unternehmen oft nicht auf dem neuesten Stand. Was viele IT-Teams zu Beginn ihrer Reise in die Welt von Big Data unterschätzen, ist zum einen die schiere Größe und zum anderen die Komplexität der Datensätze. Auch der benötigte Aufwand, um berechtigten Zugriff auf Daten sicherzustellen, wird oft unterschätzt.

Bösartige E-Mail- und Social-Engineering-Angriffe

Ineffiziente Reaktionen auf E-Mail-Angriffe sorgen bei Unternehmen jedes Jahr für Milliardenverluste. Für viele Unternehmen ist das Auffinden, Identifizieren und Entfernen von E-Mail-Bedrohungen ein langsamer, manueller und ressourcenaufwendiger Prozess. Infolgedessen haben Angriffe oft Zeit, sich im Unternehmen zu verbreiten und weitere Schäden zu verursachen. Laut Verizon dauert es bei den meisten Phishing-Kampagnen nur 16 Minuten, bis jemand auf einen bösartigen Link klickt. Bei einer manuellen Reaktion auf einen Vorfall benötigen Unternehmen jedoch circa dreieinhalb Stunden, bis sie reagieren. In vielen Fällen hat sich zu diesem Zeitpunkt der Angriff bereits weiter ausgebreitet, was zusätzliche Untersuchungen und Gegenmaßnahmen erfordert.

Zertifikat ist allerdings nicht gleich Zertifikat

Für Hunderte von Jahren war die Originalunterschrift so etwas wie der De-facto-Standard um unterschiedlichste Vertragsdokumente und Vereinbarungen aller Art rechtskräftig zu unterzeichnen. Vor inzwischen mehr als einem Jahrzehnt verlagerten sich immer mehr Geschäftstätigkeiten und mit ihnen die zugehörigen Prozesse ins Internet. Es hat zwar eine Weile gedauert, aber mit dem Zeitalter der digitalen Transformation beginnen handgeschriebene Unterschriften auf papierbasierten Dokumenten zunehmend zu verschwinden und digitale Signaturen werden weltweit mehr und mehr akzeptiert.

Datensicherheit und -kontrolle mit CASBs

Egal ob Start-up oder Konzern: Collaboration Tools sind auch in deutschen Unternehmen überaus beliebt. Sie lassen sich besonders leicht in individuelle Workflows integrieren und sind auf verschiedenen Endgeräten nutzbar. Zu den weltweit meistgenutzten Collaboration Tools gehört derzeit Slack. Die Cloudanwendung stellt allerdings eine Herausforderung für die Datensicherheit dar, die nur mit speziellen Cloud Security-Lösungen zuverlässig bewältigt werden kann. In wenigen Jahren hat sich Slack von einer relativ unbekannten Cloud-Anwendung zu einer der beliebtesten Team Collaboration-Lösungen der Welt entwickelt. Ihr Siegeszug in den meisten Unternehmen beginnt häufig mit einem Dasein als Schatten-Anwendung, die zunächst nur von einzelnen unternehmensinternen Arbeitsgruppen genutzt wird. Von dort aus entwickelt sie sich in der Regel schnell zum beliebtesten Collaboration-Tool in der gesamten Organisation.

KI: Neue Spielregeln für IT-Sicherheit

Gerade in jüngster Zeit haben automatisierte Phishing-Angriffe relativ plötzlich stark zugenommen. Dank künstlicher Intelligenz (KI), maschinellem Lernen und Big Data sind die Inhalte deutlich überzeugender und die Angriffsmethodik überaus präzise. Mit traditionellen Phishing-Angriffen haben die Attacken nicht mehr viel gemein. Während IT-Verantwortliche KI einsetzen, um Sicherheit auf die nächste Stufe zu bringen, darf man sich getrost fragen, was passiert, wenn diese Technologie in die falschen Hände, die der Bad Guys, gerät? Die Weiterentwicklung des Internets und die Fortschritte beim Computing haben uns in die Lage versetzt auch für komplexe Probleme exakte Lösungen zu finden. Von der Astrophysik über biologische Systeme bis hin zu Automatisierung und Präzision. Allerdings sind alle diese Systeme inhärent anfällig für Cyber-Bedrohungen. Gerade in unserer schnelllebigen Welt, in der Innovationen im kommen und gehen muss Cybersicherheit weiterhin im Vordergrund stehen. Insbesondere was die durch das Internet der Dinge (IoT) erzeugte Datenflut anbelangt. Beim Identifizieren von Malware hat man sich in hohem Maße darauf verlassen, bestimmte Dateisignaturen zu erkennen. Oder auf regelbasierte Systeme die Netzwerkanomalitäten aufdecken.

DDoS-Angriffe nehmen weiter Fahrt auf

DDoS-Attacken nehmen in Anzahl und Dauer deutlich zu, sie werden komplexer und raffinierter. Darauf machen die IT-Sicherheitsexperten der PSW Group unter Berufung auf den Lagebericht zur IT-Sicherheit 2018 des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) aufmerksam. Demnach gehörten DDoS-Attacken 2017 und 2018 zu den häufigsten beobachteten Sicherheitsvorfällen. Im dritten Quartal 2018 hat sich das durchschnittliche DDoS-Angriffsvolumen im Vergleich zum ersten Quartal mehr als verdoppelt. Durchschnittlich 175 Angriffen pro Tag wurden zwischen Juli und September 2018 gestartet. Die Opfer waren vor allem Service-Provider in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz: 87 Prozent aller Provider wurden 2018 angegriffen. Und bereits für das 1. Quartal dieses Jahres registrierte Link11 schon 11.177 DDoS-Angriffe.

Fluch und Segen des Darkwebs

Strengere Gesetzesnormen für Betreiber von Internet-Plattformen, die Straftaten ermöglichen und zugangsbeschränkt sind - das forderte das BMI in einem in Q1 2019 eingebrachten Gesetzesantrag. Was zunächst durchweg positiv klingt, wird vor allem von Seiten der Bundesdatenschützer scharf kritisiert. Denn hinter dieser Forderung verbirgt sich mehr als nur das Verbot von Webseiten, die ein Tummelplatz für illegale Aktivitäten sind. Auch Darkweb-Plattformen, die lediglich unzugänglichen und anonymen Speicherplatz zur Verfügung stellen, unterlägen der Verordnung. Da diese nicht nur von kriminellen Akteuren genutzt werden, sehen Kritiker in dem Gesetzesentwurf einen starken Eingriff in die bürgerlichen Rechte. Aber welche Rolle spielt das Darkweb grundsätzlich? Und wie wird sich das "verborgene Netz" in Zukunft weiterentwickeln? Sivan Nir, Threat Analysis Team Leader bei Skybox Security, äußert sich zu den zwei Gesichtern des Darkwebs und seiner Zukunft.

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