Noch keine Rekord-Bußgelder verhängt worden
Studie: 51 Prozent der Unternehmen sind nicht DSGVO-konform
Auch wenn man in Deutschland nicht unbedingt mit Strafen in zweistelliger Millionenhöhe zu rechnen hat, sieht es doch ganz danach aus, als ob die Behörden in Zukunft den ihnen zur Verfügung stehenden Rahmen tatsächlich ausschöpfen würden
Die EU-Datenschutz-Grundverordnung war und ist nicht unumstritten. Im Mai 2019 - also ein Jahr nach Wirksamwerden der DSGVO - haben Unternehmen, Institutionen und diverse Verbände eine erste Bilanz gezogen. Demnach sind EU-weit rund 150.000 Verstöße gemeldet worden. In deutlich weniger Fällen wurden aber bis dato auch Bußgelder verhängt. Zur Erinnerung: Die Datenschutzbehörden können aufgrund der DSGVO Bußgelder von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu 4 Prozent des weltweiten Umsatzes eines Unternehmens im zurückliegenden Geschäftsjahr verhängen. Im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern halten sich die Zahl der Verstöße und ebenso die Höhe der bis dato verhängten Bußgelder in Deutschland in Grenzen. Im Mai veröffentlichte die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf eine Umfrage der Behörden eine Summe von 485.000 Euro an verhängten Strafzahlungen. Das höchste in Deutschland verhängte Bußgeld belief sich auf 80.000 Euro.
Die Höhe des Bußgeldes bemisst sich anhand verschiedener Kriterien. Dazu zählen:
>> Art, Schwere und Dauer des Verstoßes
>> Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit des Verstoßes
>> Maßnahmen zur Minderung des Schadens
>> Grad der Verantwortung unter Berücksichtigung der technischen und organisatorischen Maßnahmen
>> Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde
>> Kategorien der betroffenen Daten
>> Einhaltung von bereits angeordneten Maßnahmen
Bis zum Sommer dieses Jahres sind in Deutschland noch keine Rekord-Bußgelder verhängt worden. Das allerdings könnte sich bald ändern. So hat beispielsweise die Berliner Datenschutzbehörde Bußgelder in Höhe von rund 200.000 Euro gegen die Delivery Hero Germany GmbH verhängt. Grund waren trotz Widerspruch weiterhin versendete Werbemails, mangelnde Datenauskunft und nicht gelöschte Daten. So wurden in nachweislich zehn Fällen die Konten von ehemaligen Kundinnen und Kunden über Jahre nicht gelöscht. Die Firma begründete einige der Verstöße mit technischen Fehlern und Mitarbeiterversehen. Angesichts der hohen Zahl von wiederholten Verstößen ging die Datenschutzbehörde aber von strukturellen Problemen innerhalb der Organisation aus.
Auch wenn man in Deutschland nicht unbedingt mit Strafen in zweistelliger Millionenhöhe zu rechnen hat, sieht es doch ganz danach aus, als ob die Behörden in Zukunft den ihnen zur Verfügung stehenden Rahmen tatsächlich ausschöpfen würden. Dafür sprechen zudem einige Gerichtsurteile der letzten Monate.
Angesichts dessen offenbaren die Ergebnisse einer it-sa-Blitzlicht-Umfrage zum Thema DSGVO des Sicherheitsspezialisten Tripwire ein zwiespältiges Bild. Demnach geben 51 Prozent der befragten Sicherheitsfachkräfte an, dass ihr Unternehmen zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht DSGVO-konform ist. 35 Prozent räumten ein, noch einige Bereiche adressieren zu müssen, um vollständig den Vorgaben der DSGVO zu entsprechen, und erschreckende 16 Prozent gaben an überhaupt nicht DSGVO-konform zu sein.
Immerhin sieht sich knapp die Hälfte der Befragten (49 Prozent) in der Lage, seine Kunden und die betreffenden Datenschutzbehörden innerhalb von 24 Stunden über einen Sicherheitsvorfall zu informieren. 16 Prozent sehen sich dazu innerhalb von 48 Stunden in der Lage und 27 Prozent immer noch innerhalb der geforderten 72-Stundenfrist.
Trotz der eher uneinheitlich anmutenden Ergebnisse, haben deutlich über die Hälfte der befragten Unternehmen (56 Prozent) ein erstes DSGVO-Sicherheitsaudit durchgeführt und bestanden, gegenüber 33 Prozent, denen das nicht gelungen ist. Die Kurzumfrage bestätigt die Ergebnisse zahlreicher umfangreicher Studien und Umfragen. Wie gut oder weniger gut die deutschen Unternehmen die DSGVO bisher umgesetzt haben und wie sie ihre Situation selbst bewerten, bleibt in vielen Fällen inkonsistent.
Versicherer mahnen
Neben der Tatsache, dass die Datenschutzbehörden in Zukunft den ihnen zur Verfügung stehenden Rahmen ausschöpfen werden mahnen auch die Versicherer. Hiscox, ein internationaler Spezialversicherer, der als Underwriter bei Lloyd"s of London tätig ist, versichert vor allem spezielle Risiken, darunter auch Schadensfälle durch Cyberkriminalität. Hiscox hat vor kurzem seinen "Hiscox Cyber Readiness Report 2019" veröffentlicht. Der Report erscheint zum dritten Mal in Folge und verzeichnet erstmals, dass innerhalb der letzten zwölf Monate eine signifikante Mehrzahl der befragten Unternehmen Opfer von Cyberattacken geworden sind.
Nach Aussagen der Studie haben Zahl und Intensität aktueller Cyberattacken eine neue Qualität erreicht: Über drei von fünf Firmen (61 Prozent) sind im vergangenen Jahr bereits Opfer einer Datenschutzverletzung geworden, verglichen mit 45 Prozent im letzten Jahr. Das hat die Schadenszahlen in die Höhe getrieben, gerade hinsichtlich der deutschen Unternehmen. Zum zweiten Mal in Folge erwischt es nämlich deutsche Firmen am schlimmsten. Die durchschnittlichen Kosten sämtlicher Cybersicherheitsvorkommnisse im zurückliegenden Jahr betrugen für mittelständische Unternehmen rund 1 Million US-Dollar. Bei Großunternehmen sogar bis über 1,5 Millionen US-Dollar.
Nicht nur Aufsichtsbehörden und Verbände sehen weiterhin dringenden Handlungsbedarf. Offensichtlich haben die Befürchtungen direkten Einfluss auf die Budgetplanung der Firmen. Laut Hiscox planen zwei Drittel der Befragten, ihre Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen um 5 Prozent und darüber zu erhöhen.
Fazit
Wenig überraschend gibt es nicht den einen Weg, die eine perfekte Strategie, um Sicherheitsschwachstellen und Risiken in der eigenen Netzwerkumgebung zu adressieren. Die Ergebnisse der Blitzlicht-Umfrage von Tripwire auf der it-sa zeigen einerseits, dass viele Unternehmen die Lage erkannt haben und sich auf einem guten Weg befinden. Gut die Hälfte der Befragten hat aber offensichtlich noch ein Stück Arbeit vor sich. Die passenden Technologien auszuwählen ist eine Seite. Die andere, und vielleicht wichtigere, ist, genau zu wissen, wie das eigene Unternehmen arbeitet. Transparenz zu schaffen, welche Systeme und welche Prozesse wie ineinandergreifen, ist grundlegend für eine passende Sicherheitsstrategie. Das macht letzten Endes den Unterschied aus, ob man nur in teure Technologien oder bereits in effektive Programme investiert hat.
(Tripwire: ra)
eingetragen: 08.11.19
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