Auswirkungen unsicherer Verschlüsselung
Schutz der Privatsphäre nur möglich, wenn Verschlüsselung nicht durch Hintertüren geschwächt wird
IT-Sicherheitsexperte Christian Heutger, Geschäftsführer der PSW Group, spricht sich gegen Verschlüsselung mit Hintertüren aus
Hintertüren in der Verschlüsselungstechnik werden derzeit heiß und sehr emotional diskutiert. Sie sollen, so der Wunsch einiger Politiker auch hier in Deutschland, es Sicherheitsbehörden ermöglichen, verschlüsselte Internetinhalte über gesetzlich legitimierte Hintertüren in der Verschlüsselungssoftware mitlesen zu können. Ihr Argument: Verschlüsselung behindere den Kampf gegen den Terrorismus, da sich auch Attentäter dieser Technik bedienen, um zu kommunizieren.
Nun meldet sich IT-Sicherheitsexperte Christian Heutger zu Wort: "Abgesehen davon, dass das Grundrecht der Privatsphäre jedes einzelnen geschwächt und die Wahrscheinlichkeit von Cyberattacken gestärkt werden würde, so schützen solche Hintertüren nicht vor Terror. Verschlüsselungstechnologien sind kein Hexenwerk, keine geheime Wissenschaft. Zahlreiche Open Source-Lösungen bieten Ausweichmöglichkeiten und zwar für den Anwalt genauso wie für eine Terrororganisation. Wird Verschlüsselung mit Hintertür bei Produkten deutscher oder US-amerikanischer Hersteller zur Pflicht, es gäbe noch immer genügend Alternativen, die von Ermittlungsbehörden nicht angerührt werden könnten."
Der Geschäftsführer der PSW Group sieht Hintertüren aber auch deshalb so kritisch, weil bereits in den 90er Jahren die US-Regierung Verschlüsselung mit Hintertüren per Gesetz anordnete. Schon damals wurden US-Unternehmen aufgefordert, die Verschlüsselung in ihren Produkten zu schwächen. "Für die sogenannte RSA-Verschlüsselung erlaubte der Staat eine maximale Schlüssellänge von 512 Bit eine Verschlüsselungstechnik, die für den normalen gewerblichen Gebrauch noch eben gut genug war, der NSA jedoch ermöglichte, Zugang zur Kommunikation zu haben. Mit vertretbarem Aufwand war diese Verschlüsselungstechnologie knackbar", erklärt Heutger.
Das Gesetz existiert zwar nicht mehr, die Auswirkungen dieser unsicheren Verschlüsselung jedoch schon: Im März vergangenen Jahres lieferte "Freak" die Antwort auf die Frage, ob geschwächte Verschlüsselung gefährlich werden könne. Freak (Factoring attack on RSA-Export Keys) nutzte Schwachstellen in der Verschlüsselungstechnik aus. Millionen Websites waren seinerzeit betroffen, darunter auch die des FBI und der NASA.
"Binnen weniger Stunden schafften es Cyberkriminelle eine Man-in-the-Middle-Attacke durchzuführen und präparierte Datenpakete so einzuschleusen, dass Server via Fallback auf veraltete Verschlüsselungsverfahren zurückgriffen. Einfach nur Internetverbindungen abzuhören gehörte noch zu den kleineren Folgen von Freak. Im schlimmsten Fall ließen sich sensible Daten, beispielsweise Passwörter, abgreifen", verdeutlicht Christian Heutger die Auswirkungen einer Verschlüsselung mit Hintertür. (PSW Group: ra)
eingetragen: 22.06.16
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