Vernachlässigung von App-Security im großen Stil
Was viele nicht wissen: Auch wenn die App gerade nicht in Benutzung ist, können ihre User fatalerweise vom Datenklau betroffen sein
Da Android-Applikationen zumeist in der Programmiersprache Java geschrieben werden, ist es für Hacker ein Leichtes, mit Hilfe gängiger kostenloser Entwicklerwerkzeuge die für den Zugang benötigten Zeichenketten zu extrahieren
Von Mirko Brandner, Technical Manager Central Europe, Arxan Technologies
(08.09.14) - Software-Ingenieure der Universität von Columbia stießen erst kürzlich in einer groß angelegten Untersuchung von mehr als einer Million Android-Apps auf eklatante Sicherheitsprobleme bei einer Vielzahl dieser Applikationen. Eine Reihe von App-Entwicklern, darunter viele von Google als "Top Developer" (!) bezeichnet, verwenden in ihren Anwendungen demnach geheime Schlüssel (ähnlich wie Benutzername und Passwort), ohne diese durch Sicherheitsmaßnahmen wie etwa eine Verschlüsselung zu schützen. Da Android-Applikationen zumeist in der Programmiersprache Java geschrieben werden, ist es für Hacker ein Leichtes, mit Hilfe gängiger kostenloser Entwicklerwerkzeuge die für den Zugang benötigten Zeichenketten zu extrahieren. Eine grobe Fahrlässigkeit, die es Hackern u.a. erlaubt, Benutzerdaten und sensible Ressourcen der User zu entwenden, wenn die Apps beispielsweise mit Servern von Facebook oder Amazon kommunizieren.
Und was viele nicht wissen: Auch wenn die App gerade nicht in Benutzung ist, können ihre User fatalerweise vom Datenklau betroffen sein.
Glücklicherweise existieren heutzutage hochmoderne Softwaretechnologien wie die besondere Scantechnikder Universität von Columbia, um derartige Schwachstellen in Applikationen aufzudecken. Im vorliegenden Fall wurden Google und die betroffenen App-Entwickler umgehend von dem Problem unterrichtet; die Sicherheitslücke konnte behoben werden – wenn auch erst im Nachhinein. Dass bereits Schaden entstanden ist, lässt sich nicht ausschließen.
In regelmäßigen Abständen werden wir mit gravierenden Sicherheitslücken konfrontiert –man denke z.B. an den Heartbleed Bug – und fangen dann immer wieder von vorne damit an, bestehende Sicherheitskonzepte zu überdenken. Doch warum erst Handeln, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, wenn Daten möglicherweise bereits ausgespäht und Schaden entstanden ist? Ich denke, vor allem die Verantwortlichen in der App-Entwicklung (Developer und ihre Auftraggeber)müssen endlich anfangen, darüber nachzudenken, wie derartige Fahrlässigkeiten von vornherein vermieden und ein verbesserter Schutzmechanismustechnisch umgesetzt werden kann.
Eine gezielte Aufklärung und damit verbundene Schärfung des Sicherheitsbewusstseins sowohl auf Seiten der App-Entwickler als auch der App-Nutzer halte ich in diesem Prozess für unabdingbar.
Einen sehr guten Job leistet hier seit vielen Jahren OWASP.org mit ihrem "Open Web Application Security Project". Lange war die Organisation technisch auf die Sicherheit von Web Applikation fokussiert, in den letzten Jahren hat sie aber auch aktuellen Themen wie mobile Applikationen aufgegriffen und definiert nun jährlich die Top Ten Mobile Risks. Aus der diesjährigen Risikoauflistung möchte ich besonders Kapitel M10 "Lack ofbinary Protection" hervorheben, denn das Fehlen eines wirksamen Binärcodeschutzes halte ich für besonders problematisch. OWASP erläutert in diesem Kapitel nicht nur das oben beschriebene Problem des sogenannten Key-Liftings, sondern auch viele weitere Bedrohungen, von unerwünschten Veränderungen an Applikationen zum Umgehen von Lizenzen oder Zugangskontrollen bis hin zur "Wiederverwendung" von Codes zur Erstellung von ähnlichen Apps und Duplikaten. Vor allem App-Verantwortlichen kann ich eine eingehende Beschäftigung mit diesem Thema sehr empfehlen.
Warum App-Entwickler und IT-Verantwortliche so leichtsinnig mit der Sicherheit ihrer Applikationen umgehen, warum sie Hackern und Cyberkriminellen freiwillig Tür und Tore öffnen, ist unverständlich und meiner Meinung nach nicht nachvollziehbar. Sobald das Versagen einer App mit potentiellem Datendiebstahl, Reputationsverlusten und finanziellen Schäden einhergeht, ist der Einsatz von Softwaretechnologien und Produkten zur Verbesserung der App-Sicherheit unerlässlich.
Dies gilt sowohl für freie als auch kostenpflichtige Apps und ist an sich keine große Sache. Das dazugehörige Schlagwort lautet Application Integrity Protection (AIP), bezieht Position gegen Reverse-Engineering, Schlüsselausspähung (Key Lifting) sowie unerwünschte Manipulation (Tampering). Unter Anwendung entsprechender AIP-Tools ist die Verschlüsselung von wichtigen Zeichenketten und deren Nutzung innerhalb einer Applikation eigentlich ein einfacher Schritt, erfordert allerdings Aufwände für die Bewusstseinsbildung, den Know-how-Aufbau und Investitionen in entsprechende Technologien. Lese ich Berichte über IT-Sicherheitslücken wie Heartbleed oder die ungeschützten Android-Keys, frage ich mich: Wie viel ist uns Sicherheit eigentlich wert? (Arxan Technologies: ra)
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