- Anzeigen -


Sie sind hier: Home » Fachbeiträge » Grundlagen

Mit IoT-Geräten im Consumer-Umfeld


Das Mirai-Botnetz oder die Rache des IoT
IoT-Geräte für Endverbraucher sind nicht besonders gut geschützt - Bis vor kurzem schien das aber nur Schwachstellen zu betreffen, die lediglich einigen wenigen Sicherheitsexperten bekannt waren - Mit dem Mirai-Angriff hat sich das drastisch geändert



Anfang 2016 haben die Kollegen von Varonis mit Penetrationstester Ken Munro ein Gespräch über die Sicherheit von IoT-Geräten geführt: Funkgesteuerte Türklingeln oder Kaffeemaschinen und all die zahlreichen Haushaltsgeräte mit Internetanbindung. Seine Antwort auf die Frage nach grundlegenden Schutzmechanismen dieser Geräte: "Dass Hersteller auch nur einen Gedanken an Hacker-Angriffe verschwendet haben, halte ich für eine gewagte These. "Privacy by Design ist ein Konzept, das vielen Herstellern von IoT-Geräten offensichtlich wenig geläufig ist.

Das von Munro gegründete IT-Sicherheitsunternehmen "Pen Test Partners" veröffentlicht einen Blog, in dem Munro etliche Beispiele für den fahrlässigen Umgang von Herstellern mit dem Thema Privacy by Design schildert. Beispielsweise hat er sich einige Angriffsszenarien im Zusammenhang mit IP-Kameras einfallen lassen. Also genau die Art von IoT-Geräten, die jüngst beim Mirai-Angriff betroffen waren.

Wenn man die Methoden erst einmal einigermaßen durchschaut hat, kommt man auf eine Art "goldene Regel" im Umgang mit IoT-Geräten im Consumer-Umfeld". Will man seine IoT-Geräte nicht Hackern überlassen, muss man sich die Mühe machen, die Standardeinstellungen zu ändern.

Gelingt es einem Hacker zum Beispiel eine Kaffeemaschine mit Internetanbindung zu kontrollieren (weil ein leicht zu erratendes Standardpasswort nicht geändert worden ist), dann ist der Weg nicht weit den voreingestellten WLAN-Schlüssel herauszufinden, der in Klartext auf dem Gerät gespeichert ist. Ab dem Zeitpunkt wird die Sache schnell ernst.

Und dann kam Mirai
Bei solchen Angriffen muss der Hacker sich allerdings in Reichweite des WLAN-Signals befinden, die Verbindung des IoT-Geräts mit einem Tool wie aireplay-ng unterbrechen und anschließend eine neue Verbindung mit einem eigenen Zugangspunkt erzwingen. Es ist also realistischer, sich nahe liegende Szenarien und das gelegentlich vorkommende Wardriving Gedanken zu machen.

IoT-Geräte für Endverbraucher sind zwar nicht besonders gut geschützt. Bis vor kurzem schien das aber nur Schwachstellen zu betreffen, die lediglich einigen wenigen Sicherheitsexperten bekannt waren. Mit dem Mirai-Angriff hat sich das drastisch geändert. Das Internet der unsicheren Dinge wurde mit einem Mal außerhalb der Fachpresse diskutiert. Ausgerechnet im Wirtschaftsmagazin Forbes wurde schlüssig dargestellt wie Bots im Rahmen des Mirai-DDoS-Angriffs auf den DNS-Anbieter Dyn die Kontrolle über Kameras wie die von Munro getesteten übernommen haben.

Was die genauen Einzelheiten des Angriffs auf Dyn betrifft laufen die Analysen noch immer, aber eins ist klar: Es waren WLAN-Kameras im Spiel – möglicherweise bis zu 30.000 Stück. Wie ist es den Hackern also gelungen, den oben erwähnten Angriff derart auszuweiten, dass sie weltweit Tausende WLAN-Kameras unter ihre Kontrolle bringen konnten?

Standardmäßig angreifbar
Die Angreifer haben herausgefunden, dass Endanwender wie auch IT-Experten die schlechte Angewohnheit teilen, Standardeinstellungen unverändert zu lassen. Wenn es IT-Sicherheitsexperten und -Administratoren schon nicht schaffen, Standardpasswörter wie "123456" zu ändern, wie will man es dann von einem durchschnittlichen Benutzer verlangen?

Man hätte annehmen können, dass es am schwierigsten war die IP-Adressen der Kameras herauszufinden. Doch das stellte sich als relativ einfach heraus und zwar dank einer Standardeinstellung bei WLAN-Routern, die Anwender ohne IT-Hintergrund normalerweise nie ändern. Oder weiß jemand spontan, was UPnP beziehungsweise universelles Plug & Play ist? Eben. UPnP ist ein Protokoll, mit dessen Hilfe vernetzte Geräte automatisch einen Port des Routers öffnen, damit man per Remotezugriff mit einem Gerät kommunizieren kann.

Im Zusammenhang mit WLAN-Kameras ist UPnP schon eine sinnvolle Sache: Es kann schließlich sein, dass man mithilfe seines Browsers remote überwachen will, was in einem anderen Teil des Hauses vor sich geht, oder Administratoraufgaben über Telnet remote ausführen will. Für solche Fälle braucht man einen öffentlichen Port, dessen Daten vom Router an das Gerät weitergeleitet werden. UPnP übernimmt die Zuweisung.

UPnP ist also durchaus praktisch, kann aber die Sicherheit beeinträchtigen, wenn man keine sicheren Administratorpasswörter für die Geräte festgelegt hat.

Die Hacker machten sich die verhängnisvolle Neigung der Anwender zunutze Standardeinstellungen beizubehalten. Konkret durchsuchten die Angreifer Zehntausende oder sogar Hunderttausende Router weltweit mithilfe der Brute-Force-Methode nach geöffneten Telnet-Ports, die vermutlich über UPnP zugewiesen worden waren.

So haben sie Zugriff auf die Shell bekommen, indem sie ein paar häufig verwendete Standardpasswörter wie "12345", "admin" usw. durchprobiert haben, bis es schließlich gelungen ist, sich anzumelden. Falls das nicht funktioniert, einfach weiter zum nächsten Router.

Hatten die Angreifer dann die Geräte, oftmals Funkkameras einer bestimmten Marke, unter ihre Kontrolle gebracht, wurde die Mirai-Software geladen. Die Kameras wurden damit zu Bots, die UDP-Pakete an Dyn übermittelt haben.

Jetzt das Richtige tun
Viele Kunden sind sich der UPnP-Funktionen ihres Routers nicht bewusst und UPnP ist tatsächlich aktiviert (unter Umständen sogar als Standardeinstellung des Anbieters, wie bei Linksys der Fall).
Will man vermeiden unwillentlich Teil des nächsten IoT-DDoS-Angriffs zu werden, hilft es die folgenden Schritte zu beherzigen:

1. Wenn Sie Endanwender oder Inhaber eines kleinen Unternehmens sind, sollten Sie die UPnP-Funktion umgehend deaktivieren! Zur Veranschaulichung haben wir einen Screenshot der Verwaltungseinstellungen eines Linksys-Routers ausgewählt über die UPnP aktiviert bzw. deaktiviert werden kann.

Deaktivieren Sie UPnP.
2.
Ändern Sie außerdem das Administratorpasswort des Routers und den voreingestellten WLAN-Schlüssel. Wählen Sie dabei Passwörter mit einer möglichst hohen Entropie und mindestens acht Zeichen nach der "CorrectHorseBattery Staple"-Methode. Der voreingestellte Schlüssel sämtlicher Computer und aller Geräte, die bereits mit dem WLAN verbunden sind, sollte ebenfalls geändert werden.

3. Nachdem UPnP deaktiviert ist, müssen Sie die jeweiligen Ports künftig manuell freigeben, wenn Sie neue Geräte hinzufügen. Zumindest, wenn Sie der Ansicht sind, dass der Remote-Zugriff unbedingt nötig ist.

Dazu öffnen Sie in der Router-Verwaltung die Seite für die Portweiterleitung und fügen einen Zuordnungseintrag hinzu. Weitere Einzelheiten finden Sie im Handbuch des jeweiligen Geräts (Kamera, Kaffeemaschine, Gefrierschrank usw.). Dieser Ansatz ist zwar aufwendiger, zwingt den Benutzer aber dazu, sich wirklich Gedanken über die Anbindung von IoT-Geräten zu machen.

Machen Sie sich mit der Portweiterleitungstabelle des Routers vertraut. Möglicherweise müssen Sie manuell Einträge hinzufügen. Denken Sie daran, sichere Passwörter für Geräte festzulegen, die von außen erreichbar sind!

4. Ersetzen Sie die Administratorpasswörter sämtlicher IoT-Geräte, die bereits mit dem Netzwerk verbunden sind, durch längere und komplexere Zeichenfolgen! Wenn UPnP deaktiviert ist, ist es zwar nicht mehr möglich von außen auf einGerät zuzugreifen. Trotzdem besteht weiterhin das Risiko eines lokalen Angriffs, wie oben beschrieben.

5. Laden Sie zu guter Letzt Nmap herunter und führen den Portscanner im WLAN aus. Sie erhalten dann einen Bericht, der zeigt welche Ports im WLAN offen sind. Danach sollte man entscheiden, ob die angezeigten Anwendungen oder Geräte tatsächlich Zugang zur Welt da draußen haben sollten.

Nmap benötigt dabei die öffentliche IP-Adresse des Routers, nicht die interne IP-Adresse, d. h. 198.x.x.1.Um die IP-Adresse des Netzwerks herauszufinden, geben Sie im Browser in die Google-Suchleiste "Was ist meine IP-Adresse" ein.

Geben Sie die IP-Adresse aus den Google-Suchergebnissen in Nmap ein, um eine umfassende Prüfung durchzuführen.

Sicherheitslücken in Serie
"Schuld" am Mirai-Botnetz sind praktisch alle Beteiligten: Anbieter, Öffentlichkeit und die Behörden.
Hersteller sind gehalten die Sicherheitsausstattung von IoT-Geräten zu verbessern, bevor sie in den Handel kommen. Munro schildert in seinem Blog derart viele grundlegende Authentifizierungs- und Passwortprobleme bei den getesteten Geräten, dass man fast den Eindruck gewinnt, sie seien darauf ausgelegt, gehackt zu werden.

Verschlüsselung und Signatur der herunterladbaren Firmware ist eine Möglichkeit, mit der Anbieter es Hackern erschweren, über eine Prüfung der Binärdateien für bestimmte Zeichenfolgen Exploits zu entwickeln. Zumindest sollten WLAN-Passwörter auf den Geräten nur verschlüsselt gespeichert werden.

Endanwender müssen ihre Einstellung zum Thema Sicherheit grundlegend überdenken. Man sollte keinesfalls davon ausgehen, dass die installierten IoT-Geräte, sich schon selbst um alles kümmern. Wenn Sie während der Installation nicht aufgefordert werden, das Administratorpasswort zu ändern, dann läuft etwas falsch. Geben Sie das Gerät besser zurück. Schließlich achtet man beim Kauf anderer elektronischer Geräte ja auch auf grundlegende Tests und Zertifikate.

Wie wäre es mit einer Zertifizierung für Datenschutz und Sicherheit?
Einige der Kameras, die im Zuge des Mirai-Angriffs gehackt wurden, hätten niemals zum Verkauf zugelassen werden dürfen. Derzeit gibt es im Bereich der Datensicherheit kein Gegenstück zu den FCC-Vorschriften für Elektro- und Elektronikgeräte. Vielleicht sollte es das aber. Oder die IoT-Branche muss sich zumindest um eigene Sicherheitsstandards kümmern und deren Einhaltung gewährleisten.
(Varonis: ra)

eingetragen: 18.12.16
Home & Newsletterlauf: 10.01.17


Varonis Systems: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Grundlagen

  • Zertifikat ist allerdings nicht gleich Zertifikat

    Für Hunderte von Jahren war die Originalunterschrift so etwas wie der De-facto-Standard um unterschiedlichste Vertragsdokumente und Vereinbarungen aller Art rechtskräftig zu unterzeichnen. Vor inzwischen mehr als einem Jahrzehnt verlagerten sich immer mehr Geschäftstätigkeiten und mit ihnen die zugehörigen Prozesse ins Internet. Es hat zwar eine Weile gedauert, aber mit dem Zeitalter der digitalen Transformation beginnen handgeschriebene Unterschriften auf papierbasierten Dokumenten zunehmend zu verschwinden und digitale Signaturen werden weltweit mehr und mehr akzeptiert.

  • Datensicherheit und -kontrolle mit CASBs

    Egal ob Start-up oder Konzern: Collaboration Tools sind auch in deutschen Unternehmen überaus beliebt. Sie lassen sich besonders leicht in individuelle Workflows integrieren und sind auf verschiedenen Endgeräten nutzbar. Zu den weltweit meistgenutzten Collaboration Tools gehört derzeit Slack. Die Cloudanwendung stellt allerdings eine Herausforderung für die Datensicherheit dar, die nur mit speziellen Cloud Security-Lösungen zuverlässig bewältigt werden kann. In wenigen Jahren hat sich Slack von einer relativ unbekannten Cloud-Anwendung zu einer der beliebtesten Team Collaboration-Lösungen der Welt entwickelt. Ihr Siegeszug in den meisten Unternehmen beginnt häufig mit einem Dasein als Schatten-Anwendung, die zunächst nur von einzelnen unternehmensinternen Arbeitsgruppen genutzt wird. Von dort aus entwickelt sie sich in der Regel schnell zum beliebtesten Collaboration-Tool in der gesamten Organisation.

  • KI: Neue Spielregeln für IT-Sicherheit

    Gerade in jüngster Zeit haben automatisierte Phishing-Angriffe relativ plötzlich stark zugenommen. Dank künstlicher Intelligenz (KI), maschinellem Lernen und Big Data sind die Inhalte deutlich überzeugender und die Angriffsmethodik überaus präzise. Mit traditionellen Phishing-Angriffen haben die Attacken nicht mehr viel gemein. Während IT-Verantwortliche KI einsetzen, um Sicherheit auf die nächste Stufe zu bringen, darf man sich getrost fragen, was passiert, wenn diese Technologie in die falschen Hände, die der Bad Guys, gerät? Die Weiterentwicklung des Internets und die Fortschritte beim Computing haben uns in die Lage versetzt auch für komplexe Probleme exakte Lösungen zu finden. Von der Astrophysik über biologische Systeme bis hin zu Automatisierung und Präzision. Allerdings sind alle diese Systeme inhärent anfällig für Cyber-Bedrohungen. Gerade in unserer schnelllebigen Welt, in der Innovationen im kommen und gehen muss Cybersicherheit weiterhin im Vordergrund stehen. Insbesondere was die durch das Internet der Dinge (IoT) erzeugte Datenflut anbelangt. Beim Identifizieren von Malware hat man sich in hohem Maße darauf verlassen, bestimmte Dateisignaturen zu erkennen. Oder auf regelbasierte Systeme die Netzwerkanomalitäten aufdecken.

  • DDoS-Angriffe nehmen weiter Fahrt auf

    DDoS-Attacken nehmen in Anzahl und Dauer deutlich zu, sie werden komplexer und raffinierter. Darauf machen die IT-Sicherheitsexperten der PSW Group unter Berufung auf den Lagebericht zur IT-Sicherheit 2018 des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) aufmerksam. Demnach gehörten DDoS-Attacken 2017 und 2018 zu den häufigsten beobachteten Sicherheitsvorfällen. Im dritten Quartal 2018 hat sich das durchschnittliche DDoS-Angriffsvolumen im Vergleich zum ersten Quartal mehr als verdoppelt. Durchschnittlich 175 Angriffen pro Tag wurden zwischen Juli und September 2018 gestartet. Die Opfer waren vor allem Service-Provider in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz: 87 Prozent aller Provider wurden 2018 angegriffen. Und bereits für das 1. Quartal dieses Jahres registrierte Link11 schon 11.177 DDoS-Angriffe.

  • Fluch und Segen des Darkwebs

    Strengere Gesetzesnormen für Betreiber von Internet-Plattformen, die Straftaten ermöglichen und zugangsbeschränkt sind - das forderte das BMI in einem in Q1 2019 eingebrachten Gesetzesantrag. Was zunächst durchweg positiv klingt, wird vor allem von Seiten der Bundesdatenschützer scharf kritisiert. Denn hinter dieser Forderung verbirgt sich mehr als nur das Verbot von Webseiten, die ein Tummelplatz für illegale Aktivitäten sind. Auch Darkweb-Plattformen, die lediglich unzugänglichen und anonymen Speicherplatz zur Verfügung stellen, unterlägen der Verordnung. Da diese nicht nur von kriminellen Akteuren genutzt werden, sehen Kritiker in dem Gesetzesentwurf einen starken Eingriff in die bürgerlichen Rechte. Aber welche Rolle spielt das Darkweb grundsätzlich? Und wie wird sich das "verborgene Netz" in Zukunft weiterentwickeln? Sivan Nir, Threat Analysis Team Leader bei Skybox Security, äußert sich zu den zwei Gesichtern des Darkwebs und seiner Zukunft.